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Carsharing – Was passiert mit den alten Autos?

13.01.2020

Schätzungen zufolge findet man alleine auf Berlins Straßen mittlerweile 5500 Carsharing-Fahrzeuge, 2500 Elektro-Scooter, über 15000 Miet-Fahrräder und seit Juni 2019 auch eine Heerschar an elektrischen Tretrollern. Wie insbesondere letztere von den Nutzern behandelt werden, dürfte jedem von uns aufgefallen sein, der in den vergangenen Monaten in einer deutschen Großstadt unterwegs war. Oft werden die Roller nicht normal abgestellt, sondern bewusst umgeworfen, zu regelrechten Müllbergen gestapelt oder – meistens durch Handyaufnahmen dokumentiert – wahlweise in die Spree, Elbe oder Isar geworfen. Ursprünglich als umweltfreundliche Mobilitäts-Alternative beworben, verkommen die Roller mittlerweile selbst zum Umweltsünder. Das Problem: Statt, wie ursprünglich geplant, den Autoverkehr zu entlasten, werden die Roller weitestgehend als Fahrrad-, Bus- und Laufersatz genutzt. Einen genaueren Überblick über die Umweltschädlichkeit der Roller und deren Weg nach der Nutzung hat das Umweltbundesamt in einem Bericht vom September 2019 zusammengefasst.


Wesentlich länger befinden sich die Autos zahlreicher Carsharing-Anbieter auf Deutschlands Straßen. Diskussionen über die Notwendigkeit und den Beitrag zum Umweltschutz findet man auch hier beinahe wöchentlich in den Tageszeitungen. Fest steht aber: Die Fahrzeuge werden gerne genutzt. Da die Anbieter immer mit neuen Modellen werben und die Autos voraussichtlich wesentlich seltener ihren Roller-Kollegen in die Flüsse folgen, wollen wir im Folgenden die Frage beantworten, welches Zweitleben die Carsharing-Autos nach ihrem zeitlich begrenztem Dienst erwartet. 

Was passiert mit ausgemusterten Carsharing-Autos?

Bei den meisten Carsharing-Anbietern bleiben die einzelnen Fahrzeuge lediglich für einen Zeitraum zwischen 6 und 12 Monaten in der “Flotte”. Zwar haben sie zum Zeitpunkt der Ausmusterung meistens nicht mehr als 35.000 Kilometer gesammelt, die Reparatur von Verschleißschäden oder regelmäßige Grundreinigung rechnet sich für die Anbieter aber nicht – die Autos bringen eben nur Geld ein, wenn sie auf der Straße sind. Ganz im Sinne der Wegwerfgesellschaft hält sich bereits seit der Carsharing-Anfangszeit das Gerücht, dass ein Anbieter seine Smarts nach der Nutzung auf Zeit direkt zur Verschrottung geschickt haben und dies auch heute noch bei fast allen Konkurrenten gängige Praxis sein soll. Zwar lässt sich mit Blick auf die Flut an Leih-Fahrrädern und Elektro-Rollern in unseren Großstädten schnell die Vermutung aufstellen, dass die Mobilitätsbranche zunehmend zum größten Müllproduzenten des Landes verkommt, im Fall der Carsharing-Autos gibt es aber noch ein Leben nach dem Sharing-Tod. 


Einerseits lohnt sich der Aufwand der Instandhaltung finanziell nicht, andererseits wollen die Betreiber ihre Kunden auch stets durch ein Angebot mit neuesten Modellen locken. Und genau das sind die Carsharing-Fahrzeuge: Neue Modelle mit überdurchschnittlicher Ausstattung. Wenn diese Autos zusätzlich nur 5.000 bis 35.000 Kilometer auf der Anzeige haben, sollte selbstverständlich sein, dass sie interessant für den Gebrauchtmarkt sind. Deshalb werden die Fahrzeuge optisch aufbereitet, von den zusätzlich für den Sharing-Betrieb verbauten Telematiksystemen befreit und anschließend als Gebrauchtwagen angeboten.

Sollte ich ein gebrauchtes Carsharing-Auto kaufen?

Neues Modell, gute Ausstattung, wenige Kilometer, kurze Laufzeit und dabei auch noch wesentlich günstiger als andere Gebrauchte und Jahreswagen. Was zunächst nach dem perfekten Gebrauchtwagen klingt, geht erwartungsgemäß auch mit einigen Problemen einher, derer sich jeder Interessent bewusst sein sollte. Das Konzept, dass Carsharing nach Kilometerzahl und nicht nach Zeit bezahlt wird, findet man erst seit Ende 2018 bei einigen Anbietern. Grundsätzlich besteht so das Problem, dass viele Mieter nach dem “Zeit ist Geld”-Grundsatz fahren und die Autos auch dementsprechend beanspruchen. Da ein Carsharing-Auto der großen Anbieter am Tag bis zu 10 verschiedene Fahrer sieht und ein Großteil davon seinen Fahrstil relativ unbedacht auf das fremde Auto anwenden wird, entsteht hier innerhalb kürzester Zeit Verschleiß an völlig unterschiedlichen Bauteilen. Dass es sich dabei fast ausschließlich um Kurzstreckenfahrten handelt, verschlimmert die Problematik natürlich zusätzlich. 


Carsharing Gebrauchtautos

An dieser Stelle kommt das entscheidende Problem der Carsharing-Gebrauchten zum Tragen: Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, werden die Autos zwar optisch aufbereitet und in ihren Ursprungszustand versetzt, auf technischer Seite sieht es aber anders aus. Ein Austausch von Verschleißteilen wie Bremsen, Kupplung oder Stoßdämpfern würde einen deutlichen finanziellen Mehraufwand bedeuten, weshalb hier in den meisten Fällen lediglich die tatsächlichen Defekte beseitigt werden und alle anderen Bauteile – unabhängig vom Ausmaß des Verschleißes – im Fahrzeug verbleiben. So kann der Kaufpreis zwar niedrig erscheinen, bereits nach kürzester Zeit aber von Wartungs- und Reparaturkosten nachträglich in die Höhe getrieben werden.


Ein weiteres Problem besteht in der Art und Weise, wie die Carsharing-Fahrzeuge auf dem Gebrauchtmarkt angeboten werden. Während “klassische” Mietwagen oft direkt auf der Plattform des Betreibers zum Kauf erscheinen, erfolgt der Verkauf der Sharing-Autos weitestgehend anonymisiert. Zwar sind normalerweise Infos über den Vorbesitzer bzw. die Verwendung im Fahrzeugbrief angegeben, da hier aber oft nur übergeordnete Begriffe wie “Mietwagen” verwendet werden, lässt sich das exakte Vorleben des Autos nur schwer nachvollziehen. Im Extremfall werden die Fahrzeuge sogar als normale Leasingrückläufer wieder auf den Markt geworfen. Mittlerweile besteht die Pflicht, die betroffenen Autos beim Verkauf als “Selbstfahrervermietfahrzeug” zu kennzeichnen, wer öfter mit dem Gebrauchtautomarkt zu tun hat, wird aber wissen, dass solche Vorgaben oftmals zum Wunschdenken verkommen. Besonders für Laien ist es in vielen Fällen also nur sehr schwer möglich, nachzuvollziehen, welche Vorgeschichte ein Mietwagen tatsächlich hatte. Wer jedoch mit dem Gedanken spielt, ganz bewusst ein ehemaliges Carsharing-Auto zu kaufen, sollte immer folgende Punkte in die Überlegungen einbeziehen:

Ex-Carsharing-Auto kaufen: Pro & Contra

PRO

CONTRA

  • Aktuelles Fahrzeugmodell
  • Gute Ausstattung
  • Kurze Laufzeit
  • Wenige Kilometer
  • Günstiger Kaufpreis
  • Viele (unvorsichtige) Fahrer
  • Weitestgehend Kurzstreckenfahrten
  • Oftmals starker Verschleiß an Bremsen, Kupplung & Co.
  • Starke Belastung
  • Vorgeschichte nicht immer exakt nachvollziehbar

Wer haftet für Schäden an Carsharing-Autos?

Nachdem wir die Käuferperspektive betrachtet und vor möglichen Schäden gewarnt haben, wollen wir auch die Gelegenheit nutzen, um kurz auf einen anderen interessanten Aspekt des Carsharing-Themas einzugehen. Was muss ich tun, wenn ich selbst einen Schaden an einem Carsharing-Auto verursache?


Grundsätzlich sind alle Fahrzeuge vollkasko- und haftpflichtversichert, dennoch verankern die Anbieter in ihren Nutzungsbedingungen eine Selbstbeteiligung des Mieters. Diese liegt, je nach Unternehmen und Fahrzeugmodell, zwischen 350 und 1.000 Euro, kann aber in den meisten Fällen durch einen leicht erhöhten Mietpreis oder eine jährliche Zahlung bei Dauernutzern reduziert werden. Damit es dennoch zu keinen bösen Überraschungen kommt, solltest du einige wichtige Punkte beachten:

  1. Überprüfe das Auto vor Fahrtantritt auf Schäden und melde diese in der App – auch Kleinigkeiten. Sollte dein Vormieter einen Schaden verursacht haben, ist es wichtig, dass du deine Unschuld genauestens beweisen kannst. Oftmals ist die genaue Überprüfung des Autos fest im Nutzungsvertrag verankert und der Anbieter könnte versuchen, dir einen Schaden anzulasten, insofern du diese nicht vorgenommen hast.

  2. Verständige immer die Polizei, auch wenn kein anderes Fahrzeug beteiligt war. Da es sich bei dem gemieteten Auto um Fremdeigentum handelt, begehst du Fahrerflucht, sobald du dich vom Unfallort entfernst. Dabei spielt es meistens auch keine Rolle, ob du den Schaden dem Carsharing-Anbieter meldest. Im schlimmsten Fall kann es so zum Führerscheinentzug kommen.

  3.  Niemand liest gerne AGBs. Nichtsdestotrotz ist es besonders im Carsharing-Kontext wichtig, dass du dich vor der ersten Nutzung durch die Nutzungsbedingungen kämpfst. Entscheidend ist hierbei unter anderem, wie der Punkt der groben Fahrlässigkeit gehandhabt wird, da sich hier oft eine der Kostenfallen bei Schäden versteckt. 

Lohnt sich der Autokauf überhaupt noch?

Die anhaltende Umweltdebatte und insbesondere die Diskussion um Tempolimits auf deutschen Autobahnen haben in den vergangenen Jahren immer wieder die Bedeutung von Autos als Statussymbol und Liebhaberobjekt infrage gestellt. Versucht man Emotionen außen vor zu lassen und betrachtet die Thematik rein rational, so müsste sich jeder, der in einer großen Stadt regelmäßig auf ein Auto angewiesen ist, die Frage stellen, ob sich der Autokauf überhaupt noch lohnt. Insbesondere mit Blick auf die zahlreichen Carsharing-Anbieter dürfte es doch gar keinen Sinn mehr ergeben, in Berlin, Hamburg oder München ein eigenes Auto zu besitzen. 


Diese Thematik hat die WirtschaftsWoche bereits vor einiger Zeit genauer unter die Lupe genommen und die Ausgaben für ein Carsharing-Modell denen eines privaten Fahrzeugs (inkl. Betriebskosten, Wartung, Steuern, Versicherung und Wertverlust) gegenübergestellt. Gegenüber der Anschaffung eines gebrauchten Klein- bzw. Mittelklassewagens lohnt sich das Carsharing-Modell bis zu einer jährlichen Strecke von 11.250 Kilometern. Wer beispielsweise nur 5.000 Kilometer jährlich zurücklegt, spart durch die Nutzung von Carsharing durchschnittlich über 1000 Euro.

Wie viel Zukunft steckt noch im Carsharing?

Der eine mag es Marktübersättigung, der andere breite Auswahl nennen: Die Anbieter für Carsharing-Autos in Großstädten lassen sich oftmals nicht mehr an zwei Händen abzählen. Zwar wurde lange der Eindruck vermittelt, es handle sich bei diesem Modell zweifelsfrei um die Zukunft, letztendlich scheint aber auch diese Nachfrage gedeckelt zu sein. Nachdem sich beispielsweise Citroën bereits 2017 wieder aus dem Bereich zurückgezogen hat, wurde im August 2019 auch das Projekt von Mazda in Zusammenarbeit mit DB, LIDL und Choice für gescheitert erklärt. Einer der Hauptgründe: Die Kunden behandeln die Autos extrem schlecht und erzeugen dadurch enorme Mehrkosten für die Anbieter. 


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